Es ist der Grundton auf dem Klavier, der zweite Buchstabe in unserem VCP, der dritte im Alphabet – also irgendwo vorne mit dabei scheint das „C“ ja noch zu sein. Doch wie stehts um unser „C“ im VCP?
Ein Gedankenaustausch
Jule: Unser VCP „… ist ein Zusammenschluss von evangelischen Mädchen und Jungen. Er ist offen für konfessionell anders bzw. nicht gebundene Jugendliche …“
Sören: … doch seien wir mal ehrlich, wer geht denn von uns noch jeden Sonntag in die Kirche oder bei welchem Stamm geht das kirchliche Engagement weit über das Friedenslicht hinaus? Ich bin in einer Pfadiwelt groß geworden, in der die Gemeind selbst nur ein geringfügiges Interesse an uns hatte. So schwand dann leider auch das Interesse meines Stammes an der Kirche als Institution selbst.
Jule: Die Zusammenarbeit mit der Kirche hat sich in meinem Stamm über die Jahr immer wieder geändert, es kommt auch auf die vor Ort handelnden Menschen drauf an. Wir werden viel durch die jetzige Pastorin unterstützt, wir bringen uns ein und
helfen bei Aktionen. Dabei geht es fast ausschließlich um die Gemeinschaft und nicht um unseren persönlichen Glauben. Bei uns ist es Tradition rund um die Aufnahmen eine Andacht zu gestalten, bei der alle teilnehmen.
Sören: Im vergangenen Sommer waren wir zusammen auf dem Roverway in Norwegen. Als gemeinsames deutsches Kontingent waren wir unterwegs, Verbandsidentitäten spielten keine Rollen. Auch das „C“ findet sich in „Ring deutscher Pfadfinder*innenverbände“ nicht wieder. Natürlich hatten wir auch unsere Morgenrunden, doch die arteten eher in lustige Spiele als in besinnliche Andachten aus. Es zeigte mir – eine Einteilung der Verbände nach Konfessionen brauchen wir
(zumindest im internationalen Pfadfinden) nicht mehr. Für das große Ganze könnten wir das C auch abgeben.
Jule: Erinnerst du dich, als beim Nachtreffen am 31.10. – am Reformationstag – das Kreuz im Aufenthaltssaal auf dem Kopf stand! Genialer Einfall oder zu überdreht? Der VCP braucht vielleicht auch einfach nur wieder Reformation. Glauben verändert sich. Vielleicht sollten wir aus anderen Perspektiven drauf schauen, wenn sich mal wieder Zweifel im Glauben breit machen. Zweifel sind für mich ein wichtiger Teil meines Glaubens. Ich hinterfrage und wage mich weiter hinaus, komme mit anderen Menschen darüber in Kontakt und finde vor allem eins: Antworten auf große Fragen in meinem Leben. Mein Glaube hilft mir in schwierigen Situationen die Hoffnung nicht zu verlieren. Das Vertrauen darauf, dass ich dank Zugausfällen, gestrandet in einem fremden Land, auf dem Weg zum Roverway genau die richtigen Menschen treffe und einen Platz zum Schlafen finde, weil um 21 Uhr noch jemand im Kirchenbüro in Göteborg glaubt, er muss in diesem Moment noch den Hörer abnehmen.
Sören: Unsere Freundschaft zueinander lebt auch von den gemeinsamen Momenten auf den Kirchentagen. Seit vielen Jahren gestaltet mein Stamm den Auftritt des VCP auf dem Markt der Möglichkeiten. Doch warum fahre ich zum Kirchentag? Ist es ein Fest des Glaubens? Ja, gewiss, aber vielmehr treffe ich dort Freund*innen, habe Spaß an Kultur, Promis und spannenden Diskussionen. Bibelarbeiten habe ich noch nie besucht.
Jule: Ist es nicht das, was Kirche und Glauben ausmachen? Menschen treffen und Lieder singen … Der Kirchentag lässt unseren Glauben aufblühen und neu erfinden, wie eine neue Variante eines C Akkords. Der Klang ist anders und passt wieder besser. So habe ich auch neue Gottesdienstformate kennengelernt, wie die @wohnzimmerkirche –zu der wir ja auch mal gemeinsam gehen wollen. Am Freitagabend bei Limo und auf Sofas statt Kirchenbänken mit anderen über große Fragen sprechen:Was glaubst Du?
Statt klassischer Kirchenmusik gibt es Popmusik. Das C bekommt ein „add9“, das klingt bunter und voller und ist etwas was, wie ich finde, sehr zum VCP und auch zu dir passt.
Sören: Ja, da komme ich gerne mit! Ich bin auch gerne im bunten VCP Mitglied – aktuell fühle ich mehr und mehr, dass wir das C im Namen nicht mehr brauchen. Als Gruppenleitung wurde ich mal gefragt: „Ihr seid aber hoffentlich nicht so christlich, sonst kommt meine Tochter nicht weiter zu euch!“ Ja, wir sind offen gegenüber anders- und nichtgläubige. Aber wären wir nicht noch offener, wenn wir das C nicht mehr so präsent aufzeigen?
Jule: Es kommt sehr darauf an wie wir das „christlich“ Erfahren und gestalten. Alle sollten dazu die Möglichkeit haben, egal wie „viel“ oder „wenig“ sie glauben. Es geht häufig um Gemeinschaft und das passt sehr gut zum Pfadfinden. Ich finde es wichtig das zu zeigen.
Wie beim C-Dur-Dreiklang ist das C auch beim VCP ein Teil vom Ganzen. Allerdings bildet das C in vielen Bereichen nicht (mehr) den Grundton, sondern schwingt es irgendwo mit, auch ohne, dass man es direkt wahrnimmt. Es wird es auch immer tun, solange wir ihm seinen Raum geben. Glauben ist vielfältig und daher auch bei uns im VCP x-beliebig.