Alle rechts(eXtrem)? Warum junge Menschen die AfD wählen

Foto: Hanna Röwer.

Die Landtagswahlen 2024 in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben gezeigt: Die AfD erzielte auch besonders bei jungen Menschen hohe Wahlergebnisse. Wieso entscheiden sich immer mehr Jugendliche für eine Partei, die in Sachsen und Thüringen als gesichert rechtsextrem gilt? Die neue Shell-Jugendstudie 2024 kann Hinweise darauf geben.

Jugendliche zwischen Vertrauen und Enttäuschung

Die Mehrheit junger Menschen bezeichnet sich als politisch interessiert. Die Studie zeigt, dass Jugendliche in Deutschland grundsätzlich Vertrauen in den Staat und die Demokratie haben. Sie erkennen die Bedeutung demokratischer Werte an, sind jedoch zunehmend enttäuscht von den etablierten Parteien, die sie als abgehoben und unnahbar empfinden. Viele junge Wähler*innen glauben, dass ihre Anliegen und Sorgen, etwa zum Thema Klimawandel oder soziale Gerechtigkeit, nicht ernst genommen werden. Soziale Medien wie TikTok spielen eine zentrale Rolle bei der politischen Meinungsbildung junger Menschen. Gerade die AfD versteht es, diese Plattformen gezielt zu nutzen, um ihre Botschaften direkt an junge Wähler*innen zu bringen.

Laut einem Bericht des MDR sehen viele Jugendliche die AfD als „Problemlösepartei“, die mit einfachen Erklärungen und Lösungen für die Herausforderungen aufwartet, die ihre Generation stark beschäftigen.

Rechtsruck oder Rebellion?

Laut der Shell-Jugendstudie 2024 kann unter jungen Menschen jedoch kein allgemeiner Rechtsruck festgestellt werden. Durchschnittlich positionierten sich die Befragten leicht links. Seit der letzten Studie im Jahr 2019 ist der Anteil männlicher Jugendlicher, die sich als rechts bezeichnen, jedoch angestiegen (2019: ca. 20 %, 2024: 25 %). Gleichzeitig positionieren sich auch mehr männliche Jugendliche als links (2019: 38 %, 2024: 41 %). Bei den weiblichen Befragten ergibt sich vor allem ein Trend im linken Spektrum (2019: 44 %, 2024: 51 %). Bei Jugendlichen in den neuen Bundesländern geht allerdings die Demokratiezufriedenheit nach längerem Anstieg leicht zurück. Junge Menschen streben nach Sicherheit und haben ein hohes Bewusstsein für gesellschaftliche Risiken. Tradition und Konformität als Wertemuster werden von Jugendlichen als Antwort auf dieses Sicherheitsbedürfnis gesehen.

Die AfD setzt auf genau diese Punkte und inszeniert sich als bodenständige Alternative, die klare Antworten und greifbare Werte bietet. So werden Jugendliche nicht nur zu Empfänger*innen politischer Botschaften, sondern finden in der AfD eine Rebellion gegen den „Mainstream“ und das politische Establishment. Die Partei biete so ein Gefühl von Zugehörigkeit und Sinn in einer Gesellschaft, die als zunehmend unübersichtlich wahrgenommen wird.

Politische Bildung und Mitbestimmung als Gegenmittel

Diese Entwicklungen machen deutlich, wie wichtig politische Bildung und echte Mitbestimmungsmöglichkeiten für Jugendliche sind. Nur wenn junge Menschen die Möglichkeit haben, ihre Anliegen in demokratische Prozesse einzubringen, können sie lernen, dass es Wege gibt, gesellschaftliche Probleme jenseits einfacher Antworten zu lösen. Politische Bildung sollte nicht nur Wissen über politische Prozesse vermitteln, sondern auch kritisches Denken und die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu verstehen, fördern. Dadurch kann den oft einfachen und polarisierenden Botschaften der AfD entgegengewirkt werden. Jugendliche brauchen Räume, in denen sie ihre Fragen und Ängste ernsthaft diskutieren und Antworten finden können, die nicht auf Angst und Spaltung, sondern auf Zusammenhalt und Solidarität setzen. Dies kann dabei helfen, das Vertrauen in demokratische Strukturen wieder zu stärken und sie langfristig gegen radikale und populistische Tendenzen resilienter zu machen – auch wir als Pfadfinder*innen können unseren Teil dazu leisten und uns positionieren, wie auch zuletzt auf der Bundesversammlung geschehen.

Die 19. Shell Jugendstudie 2024 basiert auf einer Stichprobe von 2.509 Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren, die von Interviewer*innen zu ihrer Lebenssituation und ihren Einstellungen und Orientierungen persönlich befragt wurden.

Pfadfinder*innen positionieren sich deutlich gegen rechts

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